unter dem strich
poetische und unpoetische ergüsse




Harald Gryphius

ZUR HUNDERTJÄHRIGEN EINS-SAMKEIT
VON DOUBLES UND SINGLES

Du siehst wohin du siehst   nur Einsamkeit auf Erden
Wer heut noch libertin   stöhnt morgen schon vereinst
im Arm des Ehgespons:   was hilfts wenn du noch weinst
nach nun verbotner Frucht:   das macht dir nur Beschwerden


So feixt der Single froh   und wähnt im Blütenmeere
sich tummelnd im Genuß   im Liebesglück zu sein
und ist noch einsamer   nach abgeschwollnem Bein
und hundert Jahr Behstand   wird ihm zur Liebeslehre


So schwanken wir dahin   und machens niemals richtig:
Wer in dem Hafen döst   sehnt sich nach frischem Wind
Wer in den Wellen schwankt   für den wird ankern wichtig


Die Welt ist so verkehrt:   was wir erreicht ist nichtig
die Einsamkeit ist da   selbst wenn wir zweisam sind
Nur das, was uns grad fehlt,   nur das macht uns so süchtig