Aus dem Dickicht der Städte

Kommend
Fand er
Am Baybach die Blaue Blume
Nach der wir uns verzehrten

Wir folgten ihm und irrten mit ihm
Die ihn verfolgten, hatten Angst vor ihm

Robert Oelbermann 1896 - 1941
Gründer des Nerother Wandervogels
Und 1.Vorsitzender der ABW

Seiner gedenkend
Denken wir nach
Auch über uns

Burg Waldeck im Jahre 2001
60 Jahre nach seiner Ermordung im KZ Dachau



Lieber Peer,
so in etwa stelle ich mir die Inschrift auf der Kupfertafel vor. Sie vereint beides: das faszinierende und das kritische Moment in der schillernden Persönlichkeit von Robert. Vor allem macht sie auch neugierig auf detaillierte Information, die -wie du vernünftiger Weise vorschlägst- an anderer Stelle gegeben werden muss.
Wichtig ist mir, dass wir uns nicht nur affirmativ, sondern kritisch mit unserer bündischen Vergangenheit auseinandersetzen und nicht etwa ungewollt einer neuen Legendenbildung Vorschub leisten.
Die Gegnerschaft Roberts zum NS-Staat ist nicht auf einem demokratischen Gegenentwurf zum Faschismus gegründet, sondern auf einem elitären Aristokratismus George`scher Prägung, der von einem Demokratieverständnis genauso weit entfernt ist wie der Faschismus. Die Nazis haben in R. Ölbermann nicht den Gegner, sondern den Konkurrenten liquidiert, der auf die Jugend zweifellos einen größeren Einfluss hätte gewinnen können als der Reichsjugendführer Baldur von Schirach.
Allerdings hätten die Nazis B.v.S. nicht einfach durch R.Ö. ersetzen können. R.Ö. war für die Ideologen des Nationalsozialismus viel zu reaktionär. Die neoromantische Rückwärts- Gewandtheit der ölbermannschen Rittermonarchie war ihnen ein politisch unerträgliches Ärgernis.
Es gehört zur Tragik des Lebens von Robert, dass er bis zum Schluss nicht begriffen hat, warum seine Idee von einem autonomen unpolitischen Jungenreich quer zum politischen Verständnis des NS-Staats lag. Robert war zutiefst von der Nützlichkeit seiner Jugendführung für den NS-Staat überzeugt und tief enttäuscht von der Abweisung, die er durch den NS-Staat erfuhr. Von einer prinzipiellen Gegnerschaft zum NS-Regime kann und darf also nicht die Rede sein.
Und nicht nur Robert Ölbermann dachte so. Viele, wenn nicht gar die meisten Wandervögler folgten ihm begeistert auf seinem Weg ins herrliche Reservat des Unpolitischen. Dass sie dabei dem NS-Staat in die Quere kamen, merkten sie zwar sehr schnell, ohne es allerdings zu begreifen. Die aristokratische Haltung der bündischen Jugend führte zwangsläufig zum Konflikt zur Massenbewegung des Faschismus. Wer bündisch sein wollte, konnte es nur durch die Abweichung von der Norm der Mittelmäßigkeit, was wiederum den totalitären Staat herausfordert, der keine Devianz zulässt. Diese Abweichung von der mediokren Norm faschistischer Massenkultur darf allerdings nicht schon gleichgesetzt werden mit Widerstand gegen den NS-Staat. An diesem Widerstandsmythos der bündischen Jugend, an dem Paulus seit Jahren bastelt, sollten wir uns nicht beteiligen.